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Wirtschaft
 

Steuerangleichungen

von Peter Hesse

7.3.2005

Die ASG – Wahlalternative unterscheidet sich dadurch von den neoliberalen Parteien CDU/CSU, SPD, Grünalternative und FDP, daß sie ihre wirtschaftspolitischen Ziele in ihrem Programm wirklich nennt. Sie bemüht sich zumindest sehr heftig darum. Die Neoliberalen tun das nicht, ganz im Gegenteil. Sie haben zwar sehr eindeutige Vorstellungen, die sehr leicht in einen Satz gefaßt werden könnten. – Die neoliberale Politik versucht mit allen Mitteln, die Gewinne auf Kapitalvermögen zu Lasten der Einkommen der arbeitenden Menschen zu erhöhen.- Aber sie sagen das selbstverständlich nicht. Sie reden von Effizienz, Flexibilität, Deregulierung, Vermeidung von Standortnachteilen, internationaler Wettbewerbsfähigkeit und, und, und. Nur über den Kern ihrer Bestrebungen halten sie sich bedeckt.

Damit hat die ASG ersteinmal schon etwas, was sie von den Altparteien unterscheidet. Sie spricht aus, was sie will. Weil das, was gewollt wird aber bisher nur für die Zeit bis zu den nächsten Bundestagswahlen abgestimmt ist, hat sie nur kurz- bis mittelfristige Ziele. Um die geht es hier.

Kurzfristig, d.h. im Lauf der nächsten Jahre, gilt es ausschließlich einen Trend allgemeiner Verelendung zu stoppen. Man kann froh sein, wenn ein Zustand mit 5 Millionen Arbeitslosen erhalten werden kann. Um zu zeigen, daß es noch schlimmer werden kann, muß man nicht einmal auf das Leben in Afghanistan oder im Irak verweisen. Die Arbeitslosen kriegen ja sogar noch Geld – Harz IV eben. In den USA, dem großen Vorbild in Sachen Demokratie und Freiheit, ist das schon lange nicht mehr der Fall. Dort ist es nach wenigen Monaten aus mit Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe – aus, nichts. Der so freundliche Präsident Bill Clinton hat gleich zu Beginn seiner achtjährigen Amtszeit von 1993 bis 2001 ein entsprechendes Gesetz als Morgengabe an die Rechte verabschieden lassen. So ähnlich wie Hans Eichel als Einstand seinerzeit 23 Milliarden € ( 23x10 9 € oder auch 23 000 000 000 €) bei der Reform der Körperschaftssteuer auf die Konten der Kapitaleigentümer geleitet hat. Da ist eben mal ein kleiner Schätzfehler bei der Vorbereitung des Gesetzes unterlaufen. Das kann jedem mal passieren. Als es vor Jahresfrist dann wegen der Terrorismushysterie schlecht um die Einnahmen der Versicherungen und die der Tourismus- und Reisebranche aussah, hat er schon gar keine Ausrede mehr gesucht. Es wurden kurzerhand die entsprechenden Steuerschlupflöcher erweitert. Das ging über sogenannte Gewinn- bzw. Verlustüberträge. Da konnten Gewinne im Bereich der Kfz-Seuer z.B. mit eben diesen Verlusten im Tourismusbereich verrechnet werden, 9,5 Milliarden Steuerausfall. Man kann doch die Leute, die Kapitaleigentümer nicht einfach so ihrem Schicksal überlassen, in so einer schwierigen Situation.

Diese Methode der Gewinn- bzw. Verlustüberträge zwischen verschiedenen Einkunftsarten, oder auch der Verlust- und Gewinnvor- und Rückträge, wenn es um eine zeitliche Manipulation zwischen verschiedenen Jahren geht, ist ein ganz wichtiges Instrument der Umverteilung von unten nach oben. Es lohnt sich einmal näher hinzuschauen. In der Einführungsvorlesung „Steuern“ an der Universität Jena erklärt Prof. Koschmieder in großer Ausführlichkeit, daß es ein Prinzip unseres Rechtsstaates sei, das gesamte Lebenswerk eines Menschen zu beachten, sozusagen eine Durchschnittsleistung und ein Durchschnittsanspruch pro Jahr. Und wenn dann mal eben besonders viel verdient werde, dann könne man das nicht gleich wegsteuern. Das sei sozusagen der Ausgleich für die etwas magereren Jahre. Das wäre doch eigentlich ganz ordentlich, wenn man als HarzIV-Empfänger einen Verlustrücktrag auf all die Jahre machen könnte, in denen man voll besteuert wurde. Es geht nicht. Das Gesetz macht hier Unterschiede, so wie es sie an entscheidender Stelle noch mehrfach macht. Der Gleichheitsgrundsatz wird verletzt, einer der wirklich wesentlichen Grundsätze der Demokratie. Das sollte geändert werden. Also entweder Verlustrücktrag für Harz-IV-ler, oder volle Steuer auch auf Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Ähnliche Grundrechtsverletzungen findet man auch in anderen Bereichen, z.B. beim Prinzip der Quellbesteuerung. Jeder abhängig Beschäftigte wird an der Quelle besteuert. Er kriegt seinen vollen Lohn / sein volles Gehalt erst gar nicht in die Hand. Der Arbeitgeber überweist direkt an das Finanzamt. Warum überweist die Bank eigentlich nicht gleich die Steuer auf den Gewinn, auf den vollen Gewinn natürlich, nicht nur auf die Dividende sondern auch auf Zinsen und vorallem auf Spekulationsgewinne, auf die Differenzen zwischen Verkaufs- und Ankaufspreis? Und natürlich sollte es keinen „Verlustrücktrag“ geben, wenn die Spekulation schiefgegangen ist. Der Wirt der Waldgaststätte, der an einem Pfingstsonntag auf seinem Kuchen sitzen bleibt, hat diese Möglichkeit ja auch nicht. Und wer seinen Einjahreswagen mit hohem Verlust weiterverkauft, hat das ja auch selbst zu tragen.

Jeder Penner bezahlt die Mehrwertsteuer auf seinen Wermut und die Getränkesteuer dazu. Die Obdachlosen, die Ärmsten, zahlen auf alles Steuern, was sie kaufen. Wer eine Wohnung gemietet hat, fährt da schon besser. Der Vermieter zahlt keine Steuer auf den Verkauf des Gutes „Zeitweilige Überlassung einer Wohnung“. Er muß die Mieteinnahmen versteuern, besser den Gewinn dabei. Aber das muß der Wermutverkäufer auch, trotz Mehr- und Getränkesteuer auf jeder Flasche.

Es wird immer angenehmer, je größer die Beträge werden, schöne kleine Steuern, wenn überhaupt, mit schönen vielfältigen Namen. Die Grunderwerbssteuer z.B. beträgt 3,5 %. Und der Steuersatz beim Kauf von Wertpapieren ist gleich 0, wenn man nicht schon im Verlaufe des folgenden Monats wieder verkauft. Die Geschäfte der Kapitaleigentümer sind steuerfrei. Die Herrschenden haben noch nie Steuern bezahlt, der Kaiser und die Fürsten nicht und die Königin von England zahlt auch erst seit ein paar Jahren einen kleinen Erinnerungsbetrag. Ist doch großartig, der Fortschritt in dieser befreundeten, modernen, konstitutionellen Demokratie.

Als der spätere Nobelpreisträger Tobin 1972 eine international einheitliche Transfersteuer in der Höhe von 0,1 % (!) auf den Erwerb von Devisen vorschlug, war das noch als kleiner Gag in der Entwicklungshilfediskussion gedacht. Später stellte sich heraus, daß es eine hervorragende Maßnahme gegen die internationale Währungsspekulation wäre. Eine weltumspannende Organisation hat sich danach benannt – attac ( Association pour la Taxation des Transactions pour l’Aide aux citoyens ). Bei soviel Erfolg hat sich der Ideengeber dann gleich distanziert. Wenn es heute ein Land tatsächlich wagen würde, diese Steuer zu erheben, dann würde vor der Küste wohl ersteinmal der US-Träger Abraham Lincoln auftauchen und die Marines würden das Land gründlich nach Terroristen absuchen, nach einem exakten, chirurgischen Bombardement natürlich.

Die ASG hat sich da viel vorgenommen, einfach so über angeglichene Steuern zwischen den arbeitenden Menschen und den Kapitaleigentümern nachzudenken.

 

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