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Demokratie
 

Wenn Wahlen nicht das gewünschte Ergebnis bringen, dann muss nachgearbeitet werden!

Roland Spitzer

März 2008

Der Rückzug Münteferings von der politischen Bühne war ein Desaster im neoliberalen Lager. Mit Müntefering verließ ein weiteres Mitglied der neoliberalen Hardliner, welche maßgeblich zum größten Sozialabbau der Geschichte der Bundesrepublik beigetragen haben, die politische Bühne, was auch einen Verlust des Einflusses des Seeheimer Kreises zur Folge hat. Zur gleichen Zeit etablierte sich Beck als Parteivorsitzender – nicht gerade ein glühender Sozialist, aber dennoch ein Abweichler vom Kurs der Agenda 2010 und damit ein Unsicherheitsfaktor bei der Umsetzung weiterer neoliberaler Reformvorhaben. Mit Beck wurden Politikerinnen, wie Frau Nahles, oder Frau Ypsitlanti als meinungsbildend in der SPD wahrgenommen. Auch sie gelten nicht als Motoren bei der Umsetzung der Agenda 2010.

Im Januar standen die Wahlen in Hessen an. Bereits im Vorfeld dieser zeichnete sich ab, dass Koch diese verlieren könnte und eine Partei wie Die Linke mit Gewissheit in den Landtag einziehen würde. Aus neoliberaler Sicht käme das einem politischen GAU gleich. Dass Die Linke im Osten der Republik gewählt wird, damit hat man sich irgendwie arrangiert – die Ossis sind halt komisch und undankbar! Doch was ist plötzlich mit den Leuten im Westen der Republik los, die haben wohl vergessen, dass man in einer Demokratie nur die 4 etablierten Parteien wählen soll. Über Jahrzehnte wurde ihnen doch erläutert, wie schrecklich der Sozialismus ist, Die Linke alles vergesellschaften will und die Menschen um Ihr Eigentum fürchten müssen.

Tatsache ist, dass die so genannte sozialdemokratische Partei in trauter Zusammenarbeit mit den Grünen, der CDU/CSU, der FDP und bei fehlender Verweigerung der damaligen PDS die größte Einteignungsoffensive der BRD in Gang gesetzt hat. Nur das mit der Enteignung haben die Sozialdemokraten unter Schröder falsch verstanden. Enteignet werden sollten die Großkonzerne, und nicht das Volk! Aber was soll’s. Enteignung war das Stichwort und die Zielgruppe war dabei nur sekundär. So sorgten die Hartz – Gesetze dafür, dass jeder Mensch, der seine Arbeit verliert, und nicht bereit ist, für einen Hungerlohn zu arbeiten gezwungen wird, die Früchte seines Lebenswerkes zu veräußern, bevor er eine karge Unterstützung von der Gesellschaft erhält. Und damit möglichst wenige diesem System entfliehen können, hat man das Rentenalter heraufgesetzt, Leiharbeit und viele flankierende Maßnahmen umgesetzt. Um den Prozess der Enteignung zu perfektionieren, wurde eine zweite Ebene des Enteignungsprozesses installiert. Indirekt, also über Steuern haben die Menschen dafür gearbeitet, dass ihr Lebensstandard gesichert wird. Stabile Energiepreise sollten dadurch gesichert werden, dass Energieunternehmen in gesellschaftlicher Hand sind, und nicht profitorientiert agieren. So sollte ein verträglicher Energiepreis gesichert werden. Was aber machen die Sozialdemokraten? Mit dem Argument einer hohen Staatsverschuldung beginnen diese mit der Privatisierung gesellschaftlicher Einrichtungen, was im Stromsektor dazu führte, dass die Strompreise im Zeitraum von 2000 bis 2006 um 50% stiegen.

Diese Entwicklung führt dazu, dass sich die Menschen Parteien zuwenden, welche mehr soziale Ausgewogenheit in ihr Programm geschrieben haben.

Durch ein solches Wahlverhalten wird es viel schwieriger, neoliberale Politik umzusetzen und den Weg der Reformen fortzuführen. So ist es unabdingbar, Mittel und Wege zu finden, diesen Prozess wieder umzukehren. Hat man doch solche Projekte, wie die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ins Leben gerufen, um den Menschen die Politik der Einschnitte als notwendig und alternativlos zu vermitteln.

Wenn die Menschen nun „falsch“ wählen, dann muss Ihnen vermittelt werden, dass diese nur Chaoten gewählt haben, die nicht in der Lage sind, ihr eigentliches Handwerk zu beherrschen. Gleichzeitig muss der Einfluss neoliberaler „Sozialdemokraten“ wieder gestärkt werden.

So wird eine breit angelegte Kampagne losgetreten, welche eine Veränderung der politischen Landschaft verhindern soll. Man kann getrost davon ausgehen, dass Unternehmen und Stiftungen des Hauses Bertelsmann hier eine entscheidende Rolle spielen. So werden zunächst Koch’s Äußerungen zur Ausländerkriminalität zum beherrschenden Thema in der deutschen Medienlandschaft. Als sich abzeichnet, dass Koch trotz dieser Kampagne in Hessen nicht den Wahlsieg einfahren wird, und sich eine Rot / Rot / Grüne Mehrheit abzeichnet, beginnt man auf Frau Ypsilanti einzuwirken, denn ohne den Einfluss der Linken könnte Koch Ministerpräsident bleiben. So werden alle Interviews mit der SPD nur noch auf ein Ziel hin geführt – schon vor der Wahl soll diese beteuern, dass sie in keinem Fall mit der Linkspartei zusammenarbeiten und sich von ihr auch nicht tolerieren lassen wird. Die Frage wurde Ypsilanti so oft gestellt, dass sie schon genervt erschien. Fragen nach Inhalten wurden so gut wie gar nicht gestellt. Auch Beck wurde in die Pflicht genommen und immer wieder zu Aussagen zu seiner Position gegenüber Der Linken genötigt.

Am Wahlabend, als die Befürchtungen zur Realität wurden, wurde den KandidatInnen wiederum nur die Frage zum Verhältnis zur Partei Die Linke gestellt. Inhaltliche Fragen wurden grundsätzlich außen vor gelassen.

Nun stand die Wahl in Hamburg an. Um einen politischen GAU, wie in Hessen zu verhindern, wurde versucht, die Fraktion der Linken in Hessen zu diskreditieren. Mit der Abgeordneten Wegner und Ihren nicht nachvollziehbaren Positionen wollte man ein Bild der gesamten Fraktion aufzeigen. Wegner wurde in eine Medienfalle gelockt, tappte brav in diese hinein, und galt fortan als charakteristisch für die Linke. Vom Spitzenkandidaten der Hessischen Linken, Willy van Oyen wurde dagegen nicht berichtet. Das massive Schwingen der DKP – Keule hielt die Hamburger Wähler jedoch nicht davon ab, auch in diesem Stadtstaat Die Linke in den Senat zu wählen. Die FDP wollten die Hamburger nicht in ihrem Senat. Aber es reichte für Schwarz / Grün! Diese Koalition war für die CDU bislang undenkbar, aber man kann ja neue Erfahrungen sammeln. Das ging mit der rechten Schill-Partei und wird auch mit den Grünen funktionieren. Mich sollte es nicht wundern, wenn die Grünen in absehbarer Zukunft ein Konzept zur Erhaltung der Atomenergie unterstützen, oder der Elbvertiefung mit dem Argument zustimmen, dass durch diesen Kompromiss drei weitere Krötentunnel gebaut werden.

Doch, was ist mit Hessen, und wie kann der Einfluss der Seeheimer in der SPD wieder gestärkt werden? Auch hier hat sich Bertelsmann und Co. einiges einfallen lassen. So wurde nach der Wahl in Hessen immer wieder behauptet, das Frau Ypsilanti ihr Wahlversprechen gebrochen hat, so als bestände der gesamte Wahlkampf der SPD in der Aussage: „Nicht mit den Linken“. Inhaltliche Aussagen, wie ein Mindestlohn, die Abschaffung der Studiengebühren, oder die nachhaltige Reform des Schulsystems spielten keine Rolle. Warum auch, denn das sind nicht die Ziele einer neoliberalen Politik. Jedem Menschen mit gesundem Verstand ist klar – wenn ich alles verspreche, dann kann ich zum Schluss nur einen Teil erfüllen. Ich glaube, dass es den Wählern in Hessen wichtiger ist, ein gutes Schulsystem, Löhne, von denen man leben kann, und Bildungschancen für jeden zu haben. Dabei dürfte es ihnen ziemlich egal sein, mit wem diese Ziele erreicht werden.

So sieht das natürlich nicht die nicht gewählte Bertelsmann Fraktion! Mit der geballten Medienmacht beginnt man nun, den Bruch eines Wahlversprechens als besonders abscheuliche Tat zu geißeln. Als wäre dies nicht schon längst gängige Praxis in der BRD. Ich erinnere nur an die Aussagen zur Mehrwertsteuererhöhung vor der vergangenen Bundestagswahl. Nun wird eine Kampagne zur Unglaubwürdigkeit und Zerstrittenheit der SPD inszeniert. Frau Ypsilanti wird unmittelbar nach den Wahlen Wortbruch vorgeworfen. Dies in der Kenntnis, dass sie diesen erst zur Wahl am 05. April begehen kann. Gleichzeitig wird ein Aufruhr in der SPD inszeniert. Zwar hat der Parteivorstand beschlossen, dass Koalitionsverhandlungen Ländersache sind und der Parteirat der SPD hat dies mit 77 Ja-Stimmen, bei 2 Gegenstimmen und einer Enthaltung bestätigt. Dennoch wird von Aufruhr in den Reihen der Partei gesprochen. Schade nur dass dies in der Bevölkerung auch Gehör findet. Dabei ist das Prinzip der Desinformation ganz einfach:

Habe ich eine Gruppe von 100 Menschen, welche sich mit 99 Stimmen dafür entscheidet, wandern zu gehen, und nur eine Person, die lieber schwimmen möchte, dann können die Meldungen folgendermaßen aussehen:

  1. Einmütig und mit überwältigender Mehrheit hat sich die Gruppe entschieden, zu wandern!
  2. Nach langer Diskussion wurde ein Kompromiss für das Wandern erzielt!
  3. Die Gruppe ist zerstritten und konnte sich nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen!

Keine der Aussagen ist falsch, aber wie zutreffend welche Variante ist, möge Jede(r) für sich selbst entscheiden.

In der gegenwärtigen Berichterstattung bevorzugt das Bertelsmann Schattenkabinett Variante drei. So wird eine Zerstrittenheit der SPD suggeriert, welche in der Realität so nicht vorhanden ist. Interviewt werden die neoliberalen „Sozialdemokraten“, welche sich – auch zur eigenen Profilierung – für eine neoliberale Berichterstattung hergeben. In diesem Zusammenhang soll auch nicht verschwiegen werden, dass in den Reihen der SPD tatsächlich ein Machtkampf stattfindet. Die Mehrheit der Mitglieder scheint einen Kurs der sozialen Ausgeglichenheit zu unterstützen. Gehör in der Öffentlichkeit findet jedoch der Seeheimer Kreis dank der Unterstützung der nicht gewählten Bertelsmann Fraktion!

Dieser Fraktion gehören nicht nur Redakteure der privaten Sender an. Auch die angeblich öffentlich – rechtlichen scheinen schon voll in der Hand der Bertelsmänner zu sein. Tom Buhro (ARD) und Marietta Slomka (ZDF) kennen die Themen von Bertelsmann nur zu genau und platzieren diese in jeder nur möglichen Situation! Von unabhängiger Berichterstattung kann da keine Rede mehr sein!

Ein Beispiel für diese These ist auch die verwandte Wortspielerei von BILD und ARD. BILD erfindet den Namen Andrea Lügelanti – Anne Will nennt ihre Talkshow Avanti Dilettanti – ein Schelm, wer da Zusammenhänge vermutet!

Die SPD lässt sich von dieser Art der Berichterstattung treiben, wie eine Schafherde! Immer wieder finden sich Profilierungssüchtige des Seeheimer Kreises welche nur zu gerne ihre abweichenden Positionen in den Medien verbreiten. Das beste Beispiel ist die Abgeordnete Metzger, welche für sich in Anspruch nimmt, ein Gewissen zu haben. Metzger wurde das erste Mal in den Landtag gewählt – ein sicher einschneidendes Erlebnis im Leben eines Menschen! Gerade in einer Zeit politischer Turbulenzen dürfte es besonders wichtig sein, an den politischen Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Nicht so für Metzger – das Landtagsgehalt ist gesichert, also ab in den Urlaub! Die Teilnahme an wichtigen Sitzungen ist nachrangig. Aber nach dem Urlaub meldet sich das politische Gewissen! War es ihr erst völlig egal, was in Hessen passiert, so kann sie nun nicht mehr über ihren Schatten springen! Frau Metzger hat ein Gewissen, was auch immer das bei PolitikerInnen bedeutet! Sie kann Frau Ypsilanti nicht wählen, und wird vom konservativen Lager sofort zur Heldin erklärt. Da lässt sich nur resümieren – Was seid Ihr nur für schäbige Menschen?!

Doch zurück zu den Wahlergebnissen. nachdem sich abzeichnet, dass sich in Deutschland eine weitere Partei bundesweit etabliert, kommt das Bertelsmann Schattenkabinett auf die Idee, das Wahlrecht in Deutschland zu ändern! Zunächst werden namenlose Politikwissenschaftler zitiert, welche die Einführung des Mehrheitswahlrechtes bevorzugen. Dann gäbe es in den Parlamenten nur noch zwei Parteien, und die unsägliche Diskussion über Koalitionen hätte ein Ende. Im zweiten Schritt werden pensionierte Verfassungsrichter als Verfechter des Mehrheitswahlrechtes benannt. Schließlich findet sich auch noch ein Herr Herzog – seines Zeichens Ex-Bundespräsident – bereit, diese Forderung zu unterstützen. Diese Forderungen tragen dazu bei, in Deutschland eine Diktatur zu errichten. Die nicht gewählte Fraktion der Bertelsmänner hat heute schon mehr Einfluss, als jede gewählte Partei! Sie bestimmt den Tenor der politischen Diskussion in Deutschland, sie entscheidet darüber, welche Themen in den Nachrichten erwähnt, und welche unterdrückt werden! Wollen wir uns das wirklich gefallen lassen?

 

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