Das antimeudalistische Manifest
Klaus Buschendorf
Gliederung
- Kapitalismus heute
- Die Alternative
- Erläuterungen
- Zu den Auswirkungen
- Gestaltende Kräfte
-
Kapitalismus heute
Ein Gespenst geht um in Europa und der Welt – das Gespenst des modernen Feudalismus. Es trägt viele Namen und zeigt verschiedene Gesichter. Es ist tief gestaffelt, hat abgehoben und jagt um den Erdball – niemand kann sich ihm entziehen. Seine erste Reihe ist glitzernd und verlockend, die nächste kann weißen Wattewölkchen am klaren Himmel gleichen, dahinter wirken die Reihen kühl und können sehr verantwortlich tun.
Moderner Feudalismus – den Namen mag es gar nicht. Es fühlt sich geschmeichelt, nennt man es Globalisierung und klopft dem Redner auf den Rücken, wenn er es unaufhaltsam und alternativlos nennt. Es trägt die Freiheit vor sich her, und Grenzen jeder Art sind ihm ein Gräuel, wohl wissend, dass solcherart Freiheit Anarchie gebiert. Der Kult des Stärksten ist ihm Religion, seine, nur seine Freiheit meint es, wenn es das Wort gebraucht und damit schrankenlosen Egoismus tarnt.
Dem getreu hat es für Opfer und Verlierer wenig übrig. Sie sind ihm Ballast, es entsorgt sie schnell, nur Spott und Hohn hält es für sie bereit. In „Talkshows“ wird dem Opfer glitzernd und mit ein wenig Logik erklärt, dass es mit ihm nicht anders gehen könne, alternativlos sei, was mit ihm geschehe. Das Opfer müsse seine Behandlung einsehen, sie sei nur so, damit es ihm nicht schlechter noch ergehe.
Talkshow – der Gebrauch von Anglizismen ist ihm lieb und teuer, findet das wunderbar zum Vernebeln des Bewusstseins und des Wissens. „Sprachschau“ – sinnlos im Deutschen klingt dies Wort wie die Sache selbst, gefährlich für das Gespenst kann sein, es beim wahren Namen zu benennen. „Globalplayer“ hört es lieber, dass „ein scheues Reh“ es sei, das schnell Grenzen überspringt, findet es nicht die saftigste Weide für sich vor – was interessiert diese Art Reh die andere Kreatur? Die ist für ihn nur „Humankapital“, das man aufliest, gebraucht und weg wirft, ganz nach eigenem Bedarf.
Feudalisten hatten ein feudum(lat), ein Lehen mit Land und Leuten darauf, verliehen vom Kaiser, dem Herrscher mit dem verdeutschten Wort Cäsar, dem weltlichen Stellvertreter Gottes auf Erden. Karl der Große ordnete so die europäische Welt, zog den Bischof von Rom auf seine Höhe als geistlichen Stellvertreter Gottes für die Christenheit. Der Bauer auf dem Lehen gab den Zehnten der Kirche, zu sorgen für sein Seelenheil, und einen Zehnten für den Landesherren, dass dieser ihn mit dem Schwert beschütze und für Recht und Ordnung sorge. So schien dem Kaiser Karl zu Aachen die Welt geordnet zum Segen seiner Christenheit. Sie war es wohl und hatte doch nur einen kleinen Mangel.
Die Lehen waren nicht gleich groß zu machen und jeder Feudale strebte nach der Spitze. Der Ehrgeiz, sein Lehen zu vermehren, ließ den Feudalisten ihren Zehnten für den Landmann rasch vergrößern. Dem Landmann blieb am Ende nur sein Leib zu eigen. Der Feudalist heuerte Söldner an, nahm dem Nachbar, was er nehmen konnte. Der Kaiser, der solcher Unart wehren sollte, war doch nur einer von ihnen und selbst bedacht, das Eigene zu mehren. Grenzen verschoben sich, Königreiche, Herzogtümer verschwanden, sind heute nur noch Landschaftsnamen. Und wie der winzige Holzwurm auf Dauer doch das größte Segelschiff versenkt, korrumpierte Macht die Feudalisten, dass sie vergaßen die Sorge für die ihnen anvertrauten Menschen. Befangen im Kampf untereinander, entfernten sie sich so weit von Ihren Schutzbefohlenen, dass sie nach eines Sonnenkönigs Zeit fragen konnten: Der Landmann hat kein Brot? Warum isst er keinen Kuchen?
Die Kuchen essen sollten, standen auf und köpften sie ob ihres dummen Hohnes. Doch, einmal losgelassen, fraß die Revolution auch ihre eigenen Kinder. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sollte die europäische Losung sein – doch halt! Das letzte Wort kam später erst von Romantikern hinzu: Freiheit, Gleichheit, Eigentum forderten die Leibeigenen zuerst. Und sie schufen die Demokratie, wurden frei und gleich vor dem Gesetz und konnten Eigentum erwerben.
Nun wuchs Eigentum, auch wieder ungleichmäßig und Menschen strebten an die Spitze. Das neue feudum(lat.) hieß Kapital und blieb meist verborgen. Es kannte keine Landesgrenzen, es spaltete sich in Grundbesitz und Produktionsanlagen, Geld, Wissen und auch Arbeiter. Die neuen Herren nennen sich Kapitalisten, sind frei wie ihre Arbeiter. Der Kapitalist benutzt die Freiheit, er trägt keine Verantwortung für die Menschen, die für ihn arbeiten, er kann sie „heuern oder feuern“. Der Arbeiter ist frei, sich einen neuen „Job“ zu suchen. Und wenn er keinen findet? Was schert es den neuen Herrn, er kauft die „Ware Arbeitskraft“, liegt diese brach, verbilligt sich ihr Preis. Was kann ihm Besseres passieren?
Er kauft mit Geld, Papiergeld, gedeckt durch Gold in einer Notenbank des Staates. Er spürt die letzte Fessel seiner Freiheit: Geld kann er nicht vermehren, wie er möchte. Doch er hat genug, um Menschen zu bezahlen, die den Staat dazu bringen sollen, die Golddeckung aufzugeben: Die Summe der Waren sei Deckung genug, Waren kann er produzieren.
Wie es einst den Feudalisten gelang, Kaiser und Papst als Ordnungsmächte auszuschalten, geben bald Regierungen reihenweise die Golddeckung auf – die letzte Fessel ist gefallen. Nun tobt der Krieg der neuen Herren untereinander ungehemmt wie in alten Zeiten – sie sind nun „moderne Feudalisten“. Sie führen ihre Kriege selten noch mit Truppen und Kanonen, sie führen sie mit Geld, dass sie ungehemmt vermehren. Ihre Kriege nennen sie „Verdrängungswettbewerb“, ihre Siege heißen „feindliche Übernahmen“ und ihre Fronten sind die Aktienkurse an der Börse.
Moderne Feudalisten – sagen wir gleich „Meudalisten“ der Kürze wegen, sind gefährlicher, gespenstischer als alle vor ihnen existierenden Herrscher. Ihre (eine) Firma heißt hier General Motors und dort Opel, ihre Imperien sind nur Kennern sichtbar. Sie sind blind für alles, außer ihrem eigenen Kampf untereinander, sie wüsten mit ihren Ressourcen – mit unseren, der Erde Ressourcen. Für sie ist alles Kapital, auch die Menschen – Humankapital. Für Freiheit schufen sie ein Maß: Hast du Geld – bist du frei, hast du mehr Geld, bist du freier, hast du keins, hast du Pech. Mag sich der Staat um dich kümmern, um dich Verlierer, wenn er kann. Denn systematisch schaffen es die Meudalisten, sich immer weniger zu beteiligen am Staat dank einer gut bezahlten, gut organisierten Lobby. Die Lobby wächst wie ein versteckter Krake, genährt aus dem Geldvermögen der Superreichen über Abgeordnete und ihre „Nebenjobs“ in die Regierungen, über „Wirtschaftsforschungsinstitute“ zu Gutachtern und Berater in die „Talkshows“. Sie haben System entwickelt, den Menschen die Köpfe zu vernebeln, ein System, das Kurt Tucholsky charakterisiert: „Die schlimmste Lüge ist die Wahrheit – mäßig entstellt.“ Sie praktizieren es in „Talkshows“, Interviews, Kolumnen, Presseerklärungen und Medien überhaupt. Dabei zeigen sie ihre Kurzsichtigkeit, ihr Denken nur für den nächsten Tag, wenn sie „Kaufzurückhaltung“ sagen, wo Geldmangel das richtige Wort ist. Denn sie schaffen den Geldmangel erst mit „Feuern von Humankapital“, Billiglohn, Hartz IV und 1-Euro-Jobs.
In den letzten 30 Jahren ist die Gütermenge in der Welt auf das Vierfache gewachsen, die Geldmenge aber auf das Vierzigfache. Wie kann das gehen? So fragt der einfache Bürger, sollten nicht Waren den Wert des Geldes decken? Wer druckt das Geld, vor allem das überzählige Geld? Und – wo es ist geblieben?
1913 gründeten die Großfinanzgruppen Rothschild und Rockefeller in den USA eine private Zentralbank. Die amerikanische Regierung berechtigte sie, den Dollar auszugeben, garantierte für seinen Wert. Fortan verlangten amerikanische Firmen Goldzahlungen in aller Welt – nach dem II. Weltkrieg sammelten sich mehr als 30.000 Tonnen in den USA, mehr als in allen Zentralbanken der Welt zusammen lagerten. 1971 kündigte US-Präsident Nixon die Einlösepflicht der USA in Gold und die Haftung des Staates für den Dollar auf.
Der Dollar – nicht mehr als nur ein Gespenst? Nur eine Hoffnung, dass man für ein Zahlungspapier auch etwas kaufen kann?
Gab es keinen Widerstand gegen diesen Betrug? Doch, es gab ihn. US-Präsident Kennedy brachte ein Gesetz ein, die private Zentralbank der Rothschilds und Rockefellers zu verstaatlichen. Es wurde nicht verabschiedet. Vorher starb Kennedy am Schuss eines Attentäters, der später selbst ermordet wurde. Zusammenhänge? Wo lassen Gespenster Zusammenhänge sehen?
Zwei Flugzeuge rasen in die Türme des World-Trade-Center zu New York und explodieren. Die Feuerwehrleute wissen: Mehr kann nicht passieren, die Stahlträger schmelzen nicht durch die Explosion von Kerosin. Die Feuerwehrleute fahren hoch zur Rettung. Plötzlich stürzen die Türme zusammen, anzusehen wie bei einer professionellen Sprengung. Eine nachfolgende Untersuchung? Wie soll das gehen, die Trümmer sind schnell weg geräumt.
Dann macht US-Präsident Bush einen neuen Terroristen aus, einen früheren Bundesgenossen. Die amerikanische Armee tritt an, dessen Volk vom Diktator zu befreien, dem Volk die Demokratie zu bringen. Wer weiß schon, dass Saddam Hussein sein Öl gegen Euro verkaufen wollte?
Was steht uns bevor, wenn wichtige Leute der amerikanischen Finanzwelt von einer grundsätzlichen Dollarkorrektur sprechen, die bis 2007 anstehen könne?
Meudalisten sind dabei, zu Totengräbern der Menschheit zu werden. Im mittleren Westen der USA versteppen Millionen Hektar Ackerland durch Raubbau in der Landwirtschaft. Der große Coloradostaudamm läuft voll von mitgeführtem Geröll des großen Flusses. Dann gehen in Las Vegas und anderswo die Lichter aus und die Wüste kehrt zurück. Der Welt droht eine Klimakatastrophe, Wassermangel – die Meudalisten interessiert das nicht.
Sie kennen nur ihren Krieg untereinander wie die Feudalisten vor ihnen. Und wenn uns dieser Planet abschütteln würde als biologische Art – es sieht nicht so aus, als ob das Meudalisten beeindrucken würde.
Es ist ein furchtbares Gespenst, dem wir das Handwerk legen müssen, das Gespenst des Meudalismus.
Gespenster wirken im Dunkel, im Diffusen. Im Licht verlieren sie den Schrecken.
Die Gefahr betrachtend, die von diesem Welt-Geldbetrugsversuch der US-Großfinanz ausgeht, sehen wir überraschend unerwartete Verbündete an unserer Seite. Eine neue Dollarbewertung entreichert Meudalisten, die nicht zur Rothschild/Rockefeller-Großfinanz gehören. Die meisten Dollars befinden sich außerhalb der USA, als Währungsreserve der EZB im Euroland, der Bank von China, Japan usw. Widerstandslos sehen diese nicht zu, wie sie um ihr Geld gebracht werden. Also zerbrechen wir uns nicht ihre Köpfe.
Für uns stellen wir fest, dass genügend Geld vorhanden ist, es keine „Kaufzurückhaltung“, „Kaufverweigerung“ zu geben bräuchte, wäre das Geld an der richtigen Stelle. Der Nebel ist zu zerreisen, in dem die Lobby wirken kann, jener Krake, der die Gesellschaft, vom Geldvermögen der Superreichen genährt, verwirren kann und sie zersetzt. Diese Lobby kann im Geflecht von Wahrheit, Halbwahrheit und Lüge wirken, schafft sich ihre eigene Logik, die den Mann auf der Straße beeindruckt, wenn er ihr in „Talkshows“ folgt.
Folgen wir dieser Logik nicht. Zerreisen wir den Dschungel aus Paragrafen, Steuerarten, Einkünften, Freibeträgen, Pauschalen, Staffelungen und sonstigen angeblichen Maßnahmen zur „Verbesserung der Gerechtigkeit“, der es jedem „Sachverständigem“ erlaubt, ein Stück heraus zu greifen und das zu beweisen, was er beweisen will. Führen wir die Gesellschaft auf ihre einfachen Zusammenhänge zurück.
Was wir dabei finden, wird nicht immer wortgenau zu praktizieren sein. Aber wir wollen Ausnahmen auf das Notwendigste beschränken.
Konzentrieren wir uns jetzt auf einen völlig neuen Ansatz. Er ist wert, von jedem neu durchdacht zu werden, gilt für jedes Land und sollte zumindest zunächst in den Ländern der Europäischen Union zur Diskussion und Einführung stehen.
Da es in diesem Vorschlag um den Ansatz einer Veränderung geht, konzentrieren wir uns auf das wichtigste für diesen Ansatz. Vieles muss noch außen vor bleiben.
Ein Staatswesen beansprucht zu seinem Erhalt ein Fünftel des erarbeiteten Bruttoinlandsprodukts. Geben wir uns nicht mehr ab mit Flickschusterei am Bestehenden. Der Staat braucht ein Fünftel, also soll er überall dort, wo gearbeitet wird, ein Fünftel erhalten. Und wir organisieren das ganz einfach.
- Jeder Betrieb zahlt 20% Steuern vom Gewinn (Gewinnsteuern).
- Jeder Bürger zahlt von seinem Lohn 20% Lohnsteuern.
- Jedes Finanzgeschäft, Warentermingeschäft u.a. (an der Börse, Immobilienverkäufe usw.) zahlt mit Abschluss 20% Gewinnsteuer.
Bis auf die Vermögenssteuer schaffen wiralle anderen Steuern ab. Somit erhält der Staat genauso viel wie heute, aber mit weniger Aufwand und durchsichtig für jeden. Alle anderen heutigen Steuern streichen wir ersatzlos.
Heutige Subventionen sind vorher eingenommene Steuern. Diesen Umweg beseitigen wir. Wo der Staat fördern will, erlässt er Steuern, ganz oder teilweise, aber immer befristet.
Wir wollen, dass es unseren Betrieben gut geht, sie sind unsere Lebensgrundlage. Verluste werden sich nie vermeiden lassen, dann bezahlen die Betriebe keine Steuern. Aber wir brauchen einen Anreiz für die Menschen, die den größten Einfluss auf Gewinn und Verlust haben. Deshalb sollten unsere Volksvertreter beschließen: In Betrieben mit Verlust werden alle Löhne auf maximal 5.000 Euro/Monat im Folgejahr gekappt. Das wird hinfällig, erzielt der Betrieb wieder im Jahr darauf Gewinn.
Wir wollen, dass gerecht entlohnt wird und Lohn ein Leben in Würde garantiert. Dazu bestehen wir auf Grenzen, auf Mindest- und Maximallohn. Der Mindestlohn sollte 30% (netto) über der Sozialhilfe liegen, der Maximallohn das Zwanzigfache des Durchschnittslohnes vom jeweiligen Betrieb betragen. Für Selbständige, Künstler, Politiker u.a. sollte der Durchschnittslohn des Landes Bezugsgröße sein. Damit folgen wir Johannes Rau, Exbundespräsident. Er fand die Bezüge von Vorständen zu einer Zeit, als sie das 20fache betrugen, für angemessen. Das war so in der „Bonner Republik“, unmittelbar vor der „Wende“ in der DDR, zur Zeit der „Sozialen Marktwirtschaft“. Zu seiner Regierungszeit betrugen sie das 120fache. Das fand er „unanständig“. Wir auch.
Denn wir finden, dass ein Maximallohn, der das 20fache eines Durchschnittslohnes beträgt, dem Leistungsgedanken Rechnung trägt. Darüber beginnt Habgier zu wirken. Habgier ist im europäischen Sittengesetz eine Todsünde, seit Jahrhunderten schon.
Mit 20% Gewinnsteuern auf alle Finanzaktionen an der Börse wollen wir den Konkurrenzkampf auf wirklichen Wettbewerb zurück führen. Denn „feindliche Übernahmen“, Insolvenzen auf Grund von „Verdrängungswettbewerb“, wie schamvoll der Krieg der Konzerne untereinander umschrieben wird, sind nicht im Sinne der Menschen, die dort arbeiten (auch nicht im Sinne der Kunden, denn mit besserer Qualität der Produkte hat das nichts zu tun).
Was bedient der Staat aus seinen Steuern?
Das wichtigste Gut sind unsere Kinder. Wir fördern den Wunsch nach Kindern durch Steuererlass und günstige Startbedingungen für junge Eheleute.
Für diese Absicht öffnen wir unser strenges System für Ausnahmen:
Verheiratete Paare zahlen nur 10% Lohnsteuer, 1 Kind bedeutet 5% Steuererlass, ein zweites 10% usw. Kindergeld wird gezahlt an Vater und Mutter. Das bekommt jeder für sich angerechnet, wie man als Paar lebt, ist Sache des Einzelnen, nicht des Staates.
Junge Eheleute erhalten einen zinslosen Kredit, z.B. 5.000,- €, pro Kind werden 1.000,- € erlassen. Studenten erhalten für eine Regelstudienzeit ein Staatsstipendium, damit sie danach der Wirtschaft (mit spätestens 25 Jahren) zur Verfügung stehen. Kinderkrippen, -gärten, Hort und Schule unterhält der Staat ohne Beitrag der Eltern. Freie Träger erhalten gleiche Summen wie staatliche Einrichtungen.
Das zweite wichtige Gut ist die Kultur, das dritte die Forschung, als letztes steht Infrastruktur und Verkehr. Wir fördern Existenzgründer, den Mittelstand.
Wie wird verteilt? Pro Kopf des Landes, Kreises usw. Das regt an, die eigene Bevölkerung im Land zu halten, für Zuziehende attraktiv zu werden, mindert Streit der Ämter untereinander und entspricht dem Grundgesetz, gleiche Lebensbedingungen anzustreben.
Auch unser Sozialsystem könnte so einfach gestaltet werden. Überall, wo Gewinnsteuer/Lohnsteuer erhoben wird, werden noch 10% in das Sozialversicherungssystem gezahlt. Das kann eine einzige Kasse leisten.
Wir wollen vereinfachen. Wir heben alle rechtlichen Unterschiede auf zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten. Der Staat als Arbeitgeber geht den Unternehmen in der Wirtschaft voran. Er verzichtet bei seinen Beschäftigten auf Entlassungen, garantiert nicht stets den gleichen Arbeitsplatz, aber immer das vorher erreichte Lohnniveau.
Damit erhält der Staat die Verpflichtung, frei gewordene Arbeitskräfte umzuschulen für einen Non-Profit-Bereich, vorrangig im Sozialwesen.
Und Besitzer von Unternehmen zahlen sich einen selbst gewählten Unternehmerlohn und verzichten auf Privatentnahmen. So werden die Verhältnisse übersichtlicher. Juristische und natürliche Personen sind eindeutig voneinander getrennt.
Wir sind uns nicht mehr zu schade, von anderen zu lernen. 15 Jahre nach der Wiedervereinigung entkrampfen wir das Verhältnis zur untergegangenen DDR. Im Bildungswesen ist Finnland der Primus in Europa. Wir erkennen an, dass Finnland seinerzeit von der DDR lernte. Wir setzen das Bildungssystem der DDR wieder in Kraft, natürlich ohne Wehrkunde und andere DDR-Spezifika. Wir schaffen für die Volksbildung ein eigenes Ministerium und unterstellen es dem Bund. Es ist doch ein Anachronismus, wenn in unserem Land die Menschen mobil sein sollen und es auch sind (man schaue auf die endlosen PKW-Kolonnen, die am Freitag Nachmittag von Süd und West nach Osten fahren und Sonntag Abend umgekehrt), aber die Bildung ihrer Kinder wie in alten feudalen Ländern organisiert ist.
Mit einem solchen Grundansatz für die weitere Gestaltung unserer Gesellschaft schaffen wir:
Der Markt hat Grenzen bekommen. Er nutzt nicht mehr nur den Stärksten – er nutzt jetzt allen Menschen!
Damit erreichen wir:
- Umkehr der Geldumverteilung von arm nach reich
- gerechtere Bewertung von Leistung
- Schaffung von Binnennachfrage
- Beendigung der Arbeitslosigkeit
- Senkung der Wochenarbeitszeit
- Sicherheit bei Krankheit und Alter
Wir kehren zurück zu Ludwig Erhards Losung der „Sozialen Marktwirtschaft“:
Wohlstand für alle!
Wir haben jetzt unsere ersten Ziele formuliert. Wollen wir sie verwirklichen, bedarf es neuer Gesetze, wenige, einfache Gesetze, die den jetzigen Gesetzesdschungel ersetzen. Abgeordnete müssen sie beschließen. Werden unsere heutigen Abgeordneten das tun? Reicht ihre Einsicht in die Notwendigkeit solchen Handelns für diese weit reichenden Veränderungen?
Unsere Abgeordneten werden von Parteien ausgewählt. Nach ihrer Herkunft sind sie überwiegend Rechtsanwälte und Beamte. Für ihre Entscheidungen sind sie nur ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich (nicht ihren Wählern!). In der Praxis sind sie nicht so frei, wie das scheint. Ihre Partei hat sie ins Amt gebracht, ihr schulden sie Disziplin. Sie sollen ihr Amt als Beruf ausüben und werden entsprechend bezahlt. Es ist ihnen nicht verboten, weiteren Berufen nachzugehen – sie sollen ja im Volk verwurzelt bleiben. Das haben sie dem Präsidenten der Volksvertretung anzuzeigen – nur ihm, denn das allen offen darzulegen, verstoße gegen die Freiheit der Persönlichkeit – so heißt es in offizieller Begründung.
Wer sich diese Umstände anschaut, muss schließen, dass unsere Abgeordneten sehr vielen Anfechtungen ihres Gewissens schutzlos gegenüber stehen. Nur ihr Gewissen soll sie schützen vor den mächtigen Verlockungen eines „Nebenjobs“ in einem Betrieb, der dafür nur erwartet, dass ein Gesetz „betriebsfreundlich“ ausfalle? Weiß nicht jeder Bürger aus eigener Erfahrung, dass steter Tropfen den Stein höhlt und das Gewissen Ruhe gibt, ist das tröstende Kissen nur gut genug gefüllt? Wir sollten unsere Abgeordneten besser schützen vor Zugriffsmöglichkeiten der Lobby auf ihre Meinungsbildung mit klaren, einfachen Regeln, wie wir das in der gesamten Gesellschaft wollen.
Ein Abgeordneter bleibt nach seiner Wahl grundsätzlich nominelles Mitglied seines Betriebes. Stellvertretend für das Volk ist sein neuer Arbeitgeber der Staat, er übernimmt die bisherige Lohnzahlung in gleicher Höhe. Zusätzlich legt er die Diät hinzu für das Amt des Abgeordneten. Nebentätigkeiten sind grundsätzlich nicht erlaubt, denn das Amt des Abgeordneten ist nach unserem Verständnis ein Amt, das den ganzen Menschen fordert. Gestattet ist, in seinem Betrieb tätig zu sein, wenn es die Abgeordnetentätigkeit nicht belastet bzw. sie ergänzt. Doch zusätzliches Geld steht ihm dafür nicht zu, denn diese Art Entgelt hat der Staat schon übernommen. Der Abgeordnete ist Teil des Volkes und soll es bleiben. Folglich bleibt seine Besteuerung und Versorgung genauso bestehen wie bisher, zusätzliche Pensionen, Übergangsgelder, Kostenpauschalen usw. gibt es nicht.
Er unterliegt als Teil des Volkes auch der Grenze des Maximallohns. Verdient er schon viel, wird die Diät als Abgeordneter gekürzt, dass er die Grenze nicht übersteige. Und in der Hierarchie der Abgeordneten sollte sich jeder auch nach seinem Entgeld einfügen. Der Bundeskanzler bekommt das meiste – er trägt die höchste Verantwortung im Staat.
Kritische Stimmen können einwenden: Dieses System benachteilige die Empfänger hoher Gehälter. Wir antworten: Das kann passieren, ist kein Mangel für das Ganze. Im Idealfall müsste die soziale Zusammensetzung des Parlaments die soziale Struktur des Volkes widerspiegeln, damit seine demokratische Zielsetzung zum Ausdruck kommt. Wir glauben, dass dies mit solcher Entlohnung und solchen Arbeitsumständen für die Abgeordneten weit eher als heute der Fall sein wird. Arbeitnehmer, Mittelständler werden keine Probleme damit haben, Superreiche schon.
Für die Abgeordneten ist die höchste Autorität das Volk. Für den einzelnen Abgeordneten können das stellvertretend die Wähler seines Wahlkreises sein. Ihnen, nicht einem nebulösen „Gewissen“, seinen Wählern, sollte der Abgeordnete verantwortlich, also rechenschaftspflichtig sein. Stellvertretend für das Volk tritt der Staat für den Abgeordneten als Arbeitgeber ein. Daraus folgt, dass der Abgeordnete demselben Status unterliegt, wie jeder andere Arbeitnehmer. Das betrifft seine Pflichten und seine Bezüge. Das heißt: Rücktritt vom Amt wäre eine fristlose Kündigung von Seiten des Abgeordneten/Ministers und wird auch so behandelt. Ablösung vom Mandat aus disziplinaren Gründen entspräche einer fristlosen Kündigung von Seiten des Volkes, in Vertretung der Staat. Natürlich muss es möglich sein, in beiderseitigen Einvernehmen die Tätigkeit zu beenden, wie ihn ein Aufhebungsvertrag regelt. Eine besondere Behandlung außerhalb des allgemeinen Arbeitsrechts für Abgeordnete ist aus moralischen Gründen nicht zu akzeptieren. Betreffen die Gründe für solche außergewöhnlichen Maßnahmen nur seine Abgeordnetentätigkeit, bliebe er noch immer Mitglied seines Betriebes. Sein Betrieb hat die Verpflichtung, sein Arbeitsverhältnis mit ihm fortzuführen.
Wir wollen ein lebendiges Parlament. Es soll der Stimme vieler Menschen Ausdruck geben. Also beschränken wir die Wiederwahl auf eine zweite Periode. Das erleichtert den Abgeordneten auch den Wiedereinstieg in die alte Tätigkeit, Betriebsmitglied bleibt er sowieso. Eine spätere dritte Wahl nach einer Periode Pause, sollte möglich sein.
Grundsatz der Demokratie ist, dass die Legislative die Exekutive kontrolliert. Dem widerspricht die heutige Praxis, dass Minister aus der Legislative kommen. Minister sollten Beamte sein, die in ihrer Branche groß geworden sind. Wenn schon Abgeordnete zu Ministern werden sollen, haben sie ihr Mandat in der Legislativen abzugeben. Als Ausnahme sollte gelten: Ministerpräsidenten, ihre Stellvertreter, der Bundeskanzler, sein Außenminister kommen aus der Legislative, sie berufen die Minister. Auch hier sollte gelten: Maximal zwei Wahlperioden, erneute Wahl oder Berufung nach mindestens einer Periode Pause.
Ein Kabinett braucht Ruhe zur Arbeit. Wir haben für Abgeordnete und Minister die Wiederholbarkeit des Amtes eingeschränkt, erhöhen wir die Dauer des Mandats auf sechs Jahre. Wir wählen in Bund und Ländern an einem Tag, damit nicht Wahlkämpfe laufend nötige Gesetze verzögern. Auch in den Kommunen sollte das gleiche Prinzip gelten, ihre Wahl an einem Tag zur Halbzeit der Länderwahl stattfinden.
Die Finanzierung der Parteien kann nur ausschließlich Sache ihrer Mitglieder sein. Alle anderen Zuwendungen, auch über Dritte, sind verboten.
Ein solches System kann unsere Abgeordneten und auch die Parteien besser schützen vor Anfechtungen der Lobby. Denn sie ist ja noch da. Noch immer kann sie gespeist werden aus dem Geldvermögen der Superreichen. Wir haben mit diesen Veränderungen nur für Durchsichtigkeit und Klarheit in der Gesellschaft gesorgt und für die Begrenzung des Einkommens natürlicher Personen. Die historisch gewachsenen Riesenvermögen sind nicht angetastet. Es muss sich erst zeigen, ob dies ausreicht, den sozialen Frieden der Gesellschaft, den „Wohlstand für alle“ zu sichern. Denn: „...Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ (Artikel 14(2) Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland)
Wir haben die Rahmenbedingungen für unsere Gesellschaft beschrieben, die politische Struktur. In der Arbeitswelt muss sich noch vieles ändern, damit die Menschen wieder zufrieden, nicht frustriert in die Betriebe gehen, sich einig fühlen mit ihrem Unternehmen, glücklich werden können mit ihrer Familie.
Geht das überhaupt? Hören wir nicht von allen Seiten, dass es Deutschland so schlecht gehe, die Kosten der Vereinigung seien so hoch, der Wirtschaft gehe es schlecht, ihre Wettbewerbsfähigkeit lasse nach, die fetten Jahre seien vorbei, und es gäbe nichts mehr zu verteilen? Deshalb müsse Deutschland reformiert werden und zu dem, wie man reformiert, gäbe es keine Alternative. Deutschland hat noch immer die gleiche Arbeitslosigkeit, schneidet bei der zweiten PISA-Studie genauso schlecht ab wie bei der ersten – wir müssten eben bescheidener werden, mehr und länger arbeiten, das Anspruchsdenken reduzieren, dann sei es zu schaffen.
Weil es den großen Mineralölkonzernen so schlecht geht, müssen diese armen Globalplayer möglichst täglich ihre Preise an den Tankstellen ändern. Denn man muss den Preis so hoch legen, „wie der Markt ihn hergibt“. Der Markt – ist das nicht hier die verschämte Umschreibung für: „...was der Käufer hergibt?“ Kann der Preis dem Auto angemessen sein, wenn es in dem einen Land mehr, im anderen Land weniger kostet, weil man, wie der „Marketingexperte“ erklärt: „...in einem Niedrigpreisland keine so hohen Preise verlangen könne...“ Er entschuldigt sich für den niedrigen Preis, nicht für den hohen! Wo ist der angemessene Preis? Wo bleibt Fairness? Wird sie dem „sharehoulder value“ geopfert, dem „Wohlergehen der Anteilseigner“? Ist das kein Verstoß gegen das Grundgesetz (...Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen...)? Nach dem Grundgesetz hat Eigentum, das Unternehmen, zu dienen:
- dem Eigentümer (sharehoulder value),
- dem Mitarbeiter (dem Arbeitnehmer),
- dem Kunden (dem Konsumenten).
Geschieht das nicht, fehlt eines, wäre der Begriff „Allgemeinheit“ sinnlos.
Wo ist der „seriöse Geschäftsmann alter Zeit“, dessen Wort galt, der pünktlich zahlte? Warum haben Handyverträge Klauseln, die Jugendliche (bzw. deren Eltern) in die Schuldenfalle treiben? Warum muss es Fernsehsendungen geben mit dem Titel: Deutschland, deine Ämter?
Weil Europa im Begriff ist, seine „Werte“ auszuhöhlen. In Europa werden Konflikte geschaffen, wo keine zu sein brauchten, besänne man sich auf seine Werte. Diese Tendenz geht von oben aus, den großen Konzernen, den Globalplayern, die von Meudalisten geführt werden, und alle übrigen sind gezwungen, sie zu ertragen, sich zu arrangieren.
Denn: Was ist die Wahrheit über die deutsche Industrie und Wirtschaft? Seit der Wiedervereinigung sind die Gewinne der großen Konzerne, der Globalplayer, der Meudalisten, beständig gestiegen. Deutschland ist zum Exportweltmeister geworden, hat die USA überholt. Die Bezüge der Vorstände stiegen „ob dieser Leistung“ auf das Zehnfache.
Konflikte werden in unserer Gesellschaft geschaffen, die gar nicht nötig sind. Will der Mensch nicht in seinem Unternehmen gut arbeiten, damit es ihm und seinem Unternehmen gut geht? Er will es schon, aber als „funktionierendes Humankapital“ kann er das nicht. Er muss Vorschriften einhalten, Fehler vermeiden, darf Weisungen seines Vorgesetzten ausführen und gehen, wenn er Fehler macht, „aufmüpfig“ ist, nicht mehr gebraucht wird. Er müsste erst als „Mitarbeiter“ anerkannt und nicht nur so genannt werden. Dazu sollte er in Augenhöhe mit seinem Unternehmen stehen, seine Ideen einbringen können ohne Gefahr, dadurch seinen eigenen Arbeitsplatz vielleicht „weg zu rationalisieren“. Die heutige Arbeitswelt kennt kaum „Mitarbeiter“, nur funktionierende Rädchen im Getriebe. Der Mensch lässt sich aber so nicht behandeln, also braucht er Interessenvertreter, Gewerkschaften, die ihn im Konflikt führen und vertreten – in Konflikten, die nicht zu sein brauchten, wäre die Einstellung der „Manager“ zu seinem „Humankapital“ die eines Unternehmers zu seinem Mitarbeiter.
Es hat sie schon immer gegeben, Unternehmer, die ihre Beschäftigten als Menschen achteten. In Augsburg existiert die „Fuggerstadt“. In dieser zahlt man heute noch eine Miete, wie sie zu Fuggers Zeiten im Mittelalter üblich war. Krupp und Zeiß bauten Wohnungen für Arbeiter ihrer Betriebe. In Schwaben gibt es heute einen Unternehmer, der feiert mit seiner ganzen Belegschaft Feste und sagt von sich: „Ich bin der erste Diener meines Unternehmens.“ Und dieses Unternehmen sichert seine Mitarbeiter, vergibt Ausbildungsverträge zuerst an deren Kinder.
Das soll nicht gehen?
Doch, es geht – in Japan. Dort ist es für das Image eines Unternehmens schädlich, Arbeiter zu entlassen – bei Toyota arbeitet man lebenslang. In Japan gibt es kaum Arbeitslosigkeit, leben die Menschen 10 Jahre länger. Dämmert es?
Warum geht das nicht auch bei uns?
Wir sagen, wir leben in einer Demokratie. Die Familie Quandt, Großaktionär bei BMW, spendet für alle im Bundestag vertretenen Parteien – außer für die PDS. Das tun alle Großaktionäre. Wen wundert es da, dass verschiedene Parteien in der Regierung nur verschiedene Nuancen in der Politik dieser Regierungen hervor bringen?
Unsere Demokratie ist in Wahrheit eine Lobbykratie. Zu einer Demokratie müssen wir sie erst noch machen.
Wie soll das gehen? Wir müssen den Dschungel beseitigen, in der die Lobbys ihr Werk betreiben können. Unsere Gesellschaft muss durchschaubar werden für Otto Normalverbraucher. Dann hat die Lobby keine Chance.
Was in unserer Gesellschaft als Ganzes gelten soll, muss auch in den Betrieben gelten.
Was wir jetzt beschrieben haben, liegt weit außerhalb heutiger Erfahrungen. Deshalb können weitere Erläuterungen nützlich sein, auch wenn sich manches wiederholt.
Lösen wir uns vom heutigen Tag und denken uns hinein in die eben geschilderte Möglichkeiten. Vergessen wir heutige Notwendigkeiten, dass ein Student jobben muss und deshalb lange Studienzeiten logisch sind. Vergessen wir Überlegungen eines jungen Ehepaares, das sich keine Kinder leistet, weil ihr Geldbeutel es nicht hergibt. Folgen Sie in eine neue Realität und bedienen Sie sich dabei eines Bildes, erdacht von Dr. Wozniewski aus Karlsruhe.
Das Niltal sei unsere Gesellschaft, der Nil, sein Geldfluss, denn Geld durchzieht unsere Wirtschaft, unser Leben überall. In vielen Kanälen fließt er weit in die Wüste, bewässert das Land und macht es fruchtbar. Wir setzen als Bild dieses bewässerte Land für die Wirtschaft, die Menschen in unserer Gesellschaft. Das Mittelmeer kommt auch ohne das Wasser des Nils aus. Wir können also das ganze Wasser des Nils vom Ober- bis zum Unterlauf über Kanäle in die Wüste leiten. Je sorgfältiger wir das tun, um so breiter wird die bewohnbare Fläche, leben die Menschen besser.
Aber so ist es nicht. Unser Nil wird zunehmend tiefer, die Kanäle versanden, die Wüste rückt vor, viel Wasser fließt nutzlos ins Mittelmeer – und das nimmt zu. In seinen Schriften weist Dr. Wozniewski nach, wie heute die Superreichen immer reicher werden, ihr „Geld nutzlos ins Mittelmeer strömt“. Dort zeigt der Pegelstand an der Flussmündung, Pardon, die Top-Liste der Superreichen an, wie viel Geld den anderen Bürgern entzogen wird (Stundenlöhne von 100.000 Euro sind dort normal) – Zahlen sollen nicht belästigen, man suche die Website www.dr-wo.de, klicke auf Politik und lese. Er vergleicht den heutigen Kapitalismus mit dem letzten Stadium des Feudalismus und siehe da: Wir sind gar nicht so weit weg. Deshalb schlägt Dr. Wozniewski vor zu sagen: Kapitalismus heute ist moderner Feudalismus . Er zieht die Worte zusammen: Meudalismus . Wir wollen das jetzt nicht nachvollziehen, man lese. Wir wollen uns mit dem ersten Schritt zu seiner Überwindung beschäftigen.
Wir bleiben im Bild, werden aber etwas philosophisch daher kommen.
Ausgangspunkt bleibt das Bild von Dr. Wozniewski vom Nil als Geldfluss. Wie jeder Fluss hat der Nil an seinen Ufern Hafenanlagen, Buhnen, Schutzdeiche und Altwasser. Sie sind uns Gleichnisse für die Umstände in der Welt des Kapitals wie z.B. die doppelte Buchführung, Zinswesen, juristische und Steuergesetze, Gepflogenheiten in der Gesellschaft. Sie sind die Quantitäten, welche die Qualität „heutiger Nil“, den Meudalismus, im Detail beschreiben.
Wir wollen den Nil verbreitern, um die Wüste zu bewässern. Das geht mit einem Damm, den wollen wir bauen. Zwischen Geldfluss Nil und Damm entsteht ein Widerspruch, denn das Wasser wird hinter dem Damm gestaut und drückt auf ihn. Das war vorher nicht so. Wir schaffen damit eine neue Qualität. Den Baumeister interessieren die Verhältnisse am bisherigen Flussufer nur wenig. Er weiß ja, dass sie entweder im Stausee unter Wasser, oder vor dem Damm trocken fallen, es wird weniger Wasser im alten Bett verbleiben, weil wir einen Teil des Wassers zur Bewässerung der Wüste verwenden.
Der Baumeister braucht Steine. Er schaut sich die verschiedenen Geldflüsse an, nimmt sich den ersten vor: Die Einnahmen der natürlichen Personen. Wir haben sehr viele Erwerbsarten. Der Baumeister will sparsam bauen und sucht zu vereinfachen. Er beginnt mit den abhängig Beschäftigten. Hier ist es einfach. Er setzt: Von jedem Einkommen 20% für das Gemeinwesen, 10% für Krankheit- und Altersvorsorge. Schwieriger wird es bei den Selbständigen, sie leben in der Regel von Privatentnahmen. Das ist lediglich Gewohnheit. Der Baumeister setzt Logik für Gewohnheit, also: Ebenso wie Lohnempfänger, hier heißt es Unternehmerlohn, davon 20% Steuern, 10% Kranken- und Altersvorsorge. Natürlich setzt der Eigentümer die Höhe seines Lohnes selber fest. Der Baumeister setzt Grenzen für dieBandbreite der Löhne, nach oben und nach unten. Die Berechtigung holt er aus dem Leistungsgedanken und der öffentlichen Moral. Kein Genie kann 100x, 1000x mehr leisten als ein anderer Mensch. Ein Lohn von 5 Mill. für einen Fußballtorwart ist gegenüber einem Lokomotivführer aus keinem Blickwinkel zu vertreten. Also setzen wir: 20x mehr als der Durchschnittslohn in seinem Betrieb ist Maximalgrenze eines Lohnes. Die Minimalgrenze setzen wir mit 30%(netto) mehr als Sozialhilfeniveau. Es bleibt der Leistungsgedanke bestehen, aber jetzt gerechter als bisher und durchgängig von unten nach oben.
Und: Es wird ein Teil des Wassers schon abgezweigt und kann in die Wüste geleitet werden.
Der zweite Baustein im Geldfluss sind die Betriebe, die juristischen Personen. Sie müssen Gewinn machen „bei Strafe ihres Untergangs“. Ein Anteil fürs Gemeinwesen muss bleiben, wir setzen 20%. Die Betriebe dienen den Menschen, also 10% für Kranken- und Altersvorsorge. Kein Gewinn – keine Abgabe, wir wollen die Betriebe ja erhalten. Die Menschen, die für die Gewinne am meisten verantwortlich sind, stehen in der Pflicht und ganz oben in der Gehaltsliste. Erwirtschaftet der Betrieb keinen Gewinn, werden Löhne im Folgejahr nur bis 5.000 €/Monat ausgezahlt. Was diesen Betrag übersteigt ist, wird gekappt, bis wieder Gewinn erwirtschaftet wird.
Auch dieser Baustein leitet schon wieder Wasser in die Breite.
Der dritte Geldfluss ist die Finanzwirtschaft. Die kommt heute meist ohne Abgaben aus, fast einzig die Aktie steuert bei Dividenden etwas bei (und das ist meistens fast die Hälfte für den Staat). Das ist ungerecht und nur in der Gewohnheit begründet. Also ändern wir auch das: Jedes Geschäft liefert 20% für den Staat, 10% für die Kranken- und Altersvorsorge.
Und nun strömt das meiste Wasser in die Breite.
Wir schauen zurück und betrachten das Werk, legen dabei die Denkgesetze der alten Griechen an. Wir schufen mit dem Damm eine neue Qualität, und müssen diese noch mit Details ausgestalten, mit neuen Quantitäten, also Hafenanlagen, Schutzdämme am neuen Ufer und dem Wasserkraftwerk, das sich zusätzlich anbietet. Darüber wäre noch zu reden.
Wir haben uns kaum um Vorhandenes gekümmert. Es hätte uns mit seinen vielen Details auch nur in die Irre geführt. Das ist der Kardinalfehler aller heutigen Denkansätze, von der Kopfpauschale der CDU bis zur Agenda sozial der PDS. Es ist vorstellbar, dass Oskar Lafontaine über der Fülle der Details den Kopf verlor und als Finanzminister damals hinschmiss.
Nein, diese Mühe lassen wir den Markt erledigen. Was ist vorstellbar, wenn der Finanzmarkt so behandelt wird, wie der produktive Bereich? Es wird kaum noch lohnen, auf Kurse zu setzen und sein Geld mit Kauf und Verkauf an der Börse zu verdienen! Es wird eine Auswahl erfolgen durch den Markt, welche Geldprodukte (vom Genussschein bis zum Warentermingeschäft) überhaupt noch gehandelt werden, Zinsen werden sich ändern, Spekulation zurück gedrängt zugunsten des Geldverdienens über die Aktie, die Dividende. Sehr viel Geld wird bei den Betrieben bleiben, zur Forschung, Entwicklung (es ist das Kraftwerk im Damm) – dies wird Arbeitsplätze generieren – unsere heutigen Probleme der Menschen lösen. Wir haben dem Markt Grenzen gesetzt, er kann seine Probleme lösen.
Wir haben noch lange nicht alle Probleme des Meudalismus beseitigt. Aber für den ersten Schritt soll es genügen.
Mit diesem kleinen Abschnitt soll das Denkmodell erläutert sein, nachdem wir vorgehen wollen. Es ist sicher für viele ungewöhnlich, bricht Tabus und wirkt vielleicht gar revolutionär. Aber lieber mit „revolutionärem“ Denken dem zuvor kommen, was man gemeinhin unter Revolution versteht. Denn die Revolution von 1789 forderte viel Blut in ganz Europa. Es gibt Beispiele in anderen Ländern, wo Reformer Blutvergießen vermeiden konnten.
Kommen wir mit diesem „revolutionären“ Denken nicht in die „Vorhand“, wird es die Natur auf ihre Weise tun. Denn die Denkgesetze der alten Griechen gelten und wirken in der gesamten Natur und Gesellschaft, auch ohne unser Wissen und Zutun. Aber dann sind wir Objekte und nicht Subjekte der Geschichte mehr.
Genau das möchten wir vermeiden zum Wohle unserer Kinder und Enkel.
Die 10% vom Gewinn/Lohn, die der Kranken- und Altersvorsorge zufließen, wären an eine zentrale Kasse in treuhändlerischer Verwaltung des Staates zu zahlen. Das sind 10% des gesamten Bruttoinlandsprodukts.
Ich erinnere an die SVK der DDR. Das wird viele Gegner der DDR auf den Plan rufen, die grundsätzlich alles verteufeln, was mit diesem Staat zusammen hängt. Doch die Brechung auch dieses Tabus im Denken ist nur eines, was von Leuten erwartet werden muss, die sich mit einer wirklichen Alternative ernsthaft beschäftigen. Zwar war die DDR eine völlige Entartung des ursprünglich angedachten, anderen Gesellschaftsmodells, aber daraus zu schließen, dass grundsätzlich alles an ihr abzulehnen sei, ist einseitig.
Die nächste „heilige Kuh“, die zu schlachten wäre, ist die allein selig machende Wirkung des Wettbewerbs. Im Gesundheitswesen kann nicht die Erzielung von Gewinn das Wettbewerbsziel sein, ist es aber heute bei Existenz vieler Kassen. Denn eine Kasse von heute ist ein Betrieb, der Gewinn machen muss „bei Strafe seines Untergangs“. Das eigentliche Anliegen wird zweitrangig. Der Wettbewerb sollte grundsätzlich in der Wirtschaft bleiben.
Übrigens, so ganz „nebenbei“ lösen wir mit dieser Neuorganisation des Geldflusses solche Probleme wie „Bürgerversicherung“, „Freibeträge“, „Bürgergeld“, „Lohnnebenkosten“, „Liquiditätsabgabe“, „Tobinsteuer“ oder überbordende Bürokratie zur Einziehung und Verteilung von Steuern (es gäbe letztendlich nur eine einzige grundlegende Steuer).
Die größte Auswirkung dieses Modells (und das ist die vorrangige Absicht) geschieht aufdem Finanzmarkt. Was würde aus den vielen Geschäften, die ihren Gewinn allein aus Kauf und Verkauf von Wertpapieren erzielen? Denn: Wenn jede dieser Transaktionen nur 70% Erlös netto einbrächte, wie viel Geschäfte blieben da noch lohnenswert? Diese „Beruhigung“ der Börse, die der Aktie zugute käme, würde den Prozess der Kapitalvermehrung ohne produktive Arbeit, allein aus Kapitalvermögen, zunächst enorm vermindern, wenn nicht in der folgenden zu erwartender Dynamik vielleicht ganz stoppen.
4. Zu den Auswirkungen
Mit der radikalen Vereinfachung der Steuergesetze und der Begrenzung aller Löhne nach unten und oben entfallen sehr viele Anreize für die Menschen, nach „Schlupflöchern“ für persönliche Gewinne zu suchen. Das ist förderlich für die öffentliche Moral. Welche Auswirkungen der heutige Wirrwarr auf die Moral hat, lese von Ullrich Wickert „Der Ehrliche ist der Dumme“, eine Heyne-Sachbuch. Vereinfachungen im Zusammenleben entziehen vielen kriminellen Aktivitäten den Boden. Damit ist vor allem die schleichende, gekonnte Wirtschaftskriminalität gemeint, die der Volkswirtschaft Milliarden entzieht. Was sind dagegen die Aktivitäten der kleinen Gauner?
Die radikale Vereinfachung der Steuergesetze befreit die Unternehmen auch von der indirekten Gängelei des Staates. Jede Investition, jede Strukturveränderung muss heute auf „Steuerschädlichkeit“ geprüft werden. Das wird kaum noch nötig sein.
Die zweite Auswirkung ist ein gleichmäßiger Gang der Gewinnerwirtschaftung durch die Betriebe. Der wird auch dadurch gefördert, dass gerade dieBesser-Verdienenden, damit auchdie Verantwortlichen für den Geschäftsgang, bei Verlusten zuerst Lohneinbußen haben. Nun wird man Verluste im Geschäftsleben nie vermeiden können. Aber die Verantwortlichen wissen das und sind in der Lage, dafür vorzusorgen. Dieser Automatismus soll zusätzlich abhalten von Personalentlassungen nach Verlusten. Es kann auch keine Vermischung der Einkommen mit Gewinn mehr auftreten, denn alle Einkommen aus dem Betrieb sind Lohnkosten, haben Höchstgrenzen und sind damit sauber getrennt. Vom Gewinn verbleiben 70% dem Betrieb, einer juristischen Person.
Das sind, auf die gesamte Volkswirtschaft bezogen, wieder fast 70% des Bruttoinlandsprodukts! Denn Betrieb und Gemeinwesen haben den gleichen Satz und nur die Einkommen der natürlichen Personen gehen von dieser Summe ab.
Die dritte Auswirkung ist die spürbare Beruhigung des Finanzmarktes. Mit Spekulation werden heute die meisten „Gelder verbrannt“. Sie blieben den Betrieben erhalten.
Diese drei Auswirkungen haben eine wichtige, gemeinsame Folge: Einnahmen des Staates, wie der Betriebe, bleiben konstanter als heute. Die Betriebe benötigen keine „Kampfreserve an Geld“ mehr, um sich gegen Spekulationen am Finanzmarkt zu wappnen. Sie können damit langfristiger umgehen. Damit wird eine weitere „heilige Kuh“ geschlachtet: Wachstumist für die Existenz der Betriebe nicht mehr unbedingt vonnöten. Folglich kannGeldim sogenannten „Non-Profit-Bereich“ investiert werden: Im Mäzenatentum von Betrieben (oft als Sponsoring bezeichnet), Betriebskindergärten z.B., oder andere Erleichterungen für die Mitarbeiter – auch in die Verkürzung der Arbeitszeit!
Das alles ist nicht neu. Das taten erfolgreiche Unternehmen schon immer. In Augsburg gibt es die „Fuggerstadt“ als Stadtteil aus dem Mittelalter, Krupp und Zeiß sind für Betriebswohnungen aus dem Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert bekannt. Der heutige Meudalismus hat das „vergessen“ und will es dem Staat überlassen, Ausdruck dieser „Vergesslichkeit“ ist die Agenda 2010. Unsere Gesellschaft muss sich nur wieder „normal“, nicht „neoliberal“, „meudalistisch“, nein sozial organisieren und sich dieser Tradition erinnern.
Und es ist klug im Sinne der Wirtschaftskapitäne, auf einen Teil nicht gebrauchten Reichtums zu Gunsten der Ärmsten zu verzichten. Denn: Ob ein Superreicher 20 oder 40 Millionen besitzt, schafft keinen Unterschied mehr in seiner Lebensqualität. Also gebe man es ohne Sorge an die Benachteiligten der Gesellschaft. „Autos können keine Autos kaufen“, sagte schon Henry Ford.
Die größten Arbeitgeber im „Non-Profit-Bereich“ aber wären Staat und (die eine) Krankenkasse. Das Gesundheitswesen würde entlastet vom Druck des heutigen Konkurrenzkampfes der Kassen, seinen vielen parallelen Organisationen, dem Werben um Mitglieder und könnte sich wirklich dem Dienst an Kranken und Alten widmen. Es stände bedeutend stärker da im Preiskrieg gegen die Pharmakonzerne. Das dient den Patienten.
Der Staat fände über Arbeitsplätze im Non-Profit-Bereich hinaus noch weitere Möglichkeiten, seinen Bürgern das Leben zu erleichtern. Er gibt keine Fördermittel an Betriebe, er erlässtSteuern, wo er fördern will. Ein Beispiel soll die Wirkungsweise verdeutlichen: Unbestritten ist die Eisenbahn das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Ihr die Gewinnsteuer ganz oder teilweise zu erlassen, macht volkswirtschaftlichen Sinn: Dann sinken ihre Preise, die Auswirkungen sind positiv auf Bürger, die Wirtschaft – und nützten der Umwelt.
Gar nicht absehbar in seinen positiven Auswirkungen ist ein Bildungssystem, welches kostenlos den Studenten auch den Lebensunterhalt sichert bis zum Ende der Regelstudienzeit. Und über ausreichende Kindergarten- und Hortbetreuung ist mehr für die Gleichberechtigung derFrau getan als mit jeder politischen Kampagne.
All diese und mehr Folgerungen hat schon jemand vorbedacht. So wie Dr. Wozniewski aus Karlsruhe den gegenwärtigen Zustand unseres heutigen Kapitalismus, besser Meudalismus, analysierte, hat das Dr. Thiel aus Bugk in Brandenburg getan für die eben nur angerissenen Möglichkeiten. Man wähle die Website www.thiel-dialektik.de und suche den Artikel „Arbeitund Freizeit für alle“. Viel mehr wird dort noch untersucht.
Wir verringern mit dieser Alternative zur Agenda 2010 Konflikte. Jeder in Europa Geborene wird bei dieser Formulierung und Zielstellung stutzen. Wir sind seit Jahrhunderten gewohnt, uns Konflikten zu stellen, sie mutig auszutragen, wenn es sein muss bis zum bitteren Ende. Ein uraltes Kulturgut, gemeinsames Erbe aller europäischen Völker, ist das Nibelungenlied. Alle Akteure haben edle Motive. Alle scheitern sie nacheinander an scheinbar schicksalhaften Missverständnissen. Dabei will jeder nur mutig sein, das Beste für den anderen tun. Aber wer mutig und frei sein will, braucht einen Feind, der es ihm verwehrt. So werden aus dem Liebespaar Brunhild und Siegfried Feinde, am Ende gehen alle Helden aus Missverständnissen zu Grunde. Eigentlich gibt es keinen wirklich Bösen.
Dieses uralte Kulturgut ist nicht nur Fiktion. Die Unterlegenen der alten und (ach so freien) skandinavischen Gesellschaften verheerten als Wikinger/Normannen die Küsten Europas, siedelten in Grönland und Nordamerika, vermischten sich mit den Ansässigen. Die Verlierer der Gegenreformation in Europa wichen aus nach Nordamerika, dort ihren Freiheitstraum zu leben. Dabei vernichteten sie mit größtem eigenen Unschuldsverständnis Millionen ansässiger Indianer. Ihre katholischen Widersacher standen ihnen nicht nach. In missionarischem Eifer taten sie mit den Kariben Mittel- und den Inkas Südamerikas gleiches. Alle „westlichen“ Nationen haben ihre „Leichen im Keller“, reden nicht darüber oder sind sich dessen gar nicht bewusst. Große Geister des 19. Jahrhunderts suchten nach Wegen, aus den ständigen Kriegen heraus zu kommen. Karl Marx kam auf die Idee, dass es ursächlich Klassengegensätze seien – natürlich, in europäischer Tradition muss eine Klasse vernichtet werden, damit auf der ganzen Welt Kommunismus entstehen kann und endlich Frieden herrscht. Lenin macht sich ans Werk, sein Mitkämpfer Stalin will sich profilieren, bringt nach und nach das ganze Leninsche Zentralkomitee um, wird damit zum größten Konterrevolutionär aller Zeiten (er bringt es fertig, Freund und Feind zu täuschen), tötet damit auch den Kommunismus und schafft ein mit dem „Westen“ konkurrierendes, staatsmonopolistisches System. Doch wer im „Westen“ wie im Osten sieht das so? Alles passt ins europäische Bild: Nach der Niederlage des Faschismus ist dort der neue Feind, den der „Westen“ in der europäischen Tradition braucht, der Kalte Krieg, die Mauer – plötzlich sind sie weg, oh Gott, der Feind ist fort! Georg W. Busch findet den neuen Feind – wird das Nibelungenlied neu bestätigt?
MUDA – ein japanisches Wort, für das es in europäischen Sprachen kein Wort geben kann. In etwa bedeutet es die Vermeidung jedweder Verschwendung und Konflikte. Die Denkweise, die dieses Wort hervor brachte, ist uns völlig fremd.
In Europa begann der Kapitalismus im Italien des 12./13. Jahrhunderts, rollte langsam über Europa, kulminierte erstmalig in England, glitt zurück nach Frankreich und dann nach Osten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat er Europa fest im Griff. In Japan startet der Kapitalismus 1863 mit der gewaltsamen Öffnung des Landes durch Kriegsschiffe der USA und kulminiert im 2. Weltkrieg. Zu Beginn der fünfziger Jahre hat er alles nachgeholt, was Europa seit Dantes Zeiten durchlebte. Der erste große Streik bei Toyota lässt die Unternehmer sich auf die Samurai-Tradition besinnen – der japanische Feudalherr, der Samurai, hat die Fürsorgepflicht für seine Leibeigenen. Toyota entlässt niemand mehr, andere Unternehmen folgen, ein beispielloser Aufstieg Japans beginnt, freilich nicht ohne Rückschläge, aber heute hat Japan kaum Arbeitslose und eine 10 Jahre höhere Lebenserwartung als Europa.
Fürsorgepflicht des Unternehmens für seine Mitarbeiter, des Feudalherren für seine Leibeigenen? Das gab es auch in Europa. Die letzten Feudalherren in Europa waren die pommerschen und mecklenburgischen Junker. Denen drohte der Pfarrer, zu dem Gutsherr und Gutsarbeiter gleichermaßen kamen, mit dem Seelenheil, wurde die Bedrückung gar zu groß. Erst als die Feudalherren Frankreichs diese Fürsorgepflicht vergaßen, fremd wurden ihrem Volk (Marie-Antoinette, Königin von Frankreich: Die Bauern haben kein Brot? Warum essen sie nicht Kuchen?), erst dann brach diese Welt zusammen. Und unsere heutige Welt wirdwieder zusammen brechen, wenn unsere Neoliberalen, unsere heutigen modernen Feudalisten nicht begreifen oder nicht zum Begreifen gedrängt werden.
In Japan war das Erinnern an alte Traditionen leichter. Nur 100 Jahre lagen zwischen Landesöffnung und Streik bei Toyota. Doch soviel anders ist Japan nicht, noch heute steht in europäischen Verfassungen die moralische Verpflichtung der Reichen für die Gemeinschaft. Bis auf MUDA – Vermeidung von Konflikten, überflüssige Kraftverschwendung.
Reinhard Dowe hat das japanische mit dem europäischen Paradigma verglichen in seinem Buch „MUDA – Grundlage für ein anderes Management-Konzept“. Wir sollten von allenVölkern lernen, wir sind nicht der Nabel der Welt.
Natürlich wird es nicht ohne Konflikte gehen, wollen wir dieses Konzept durchsetzen. Als erstes werden sich die Lobbyisten dagegen stellen. Steuerberater werden zu großen Teilen überflüssig. Doch alle beiden Gruppen sind Fachleute. Die anspringende Konjunktur wird neue, qualifizierte Arbeitsplätze schaffen – also, mobil sein, wie viele Menschen aus dem Osten es heute schon sind, dann löst sich dieser Konflikt.
Wir erinnern das heutige Management an seine Einsicht. So zu handeln, aus „Humankapital“ gesicherte Mitarbeiter zu schaffen, wird die Produktivität der Unternehmen erhöhen, ist im Sinne globaler Wettbewerbsfähigkeit. Wir beschreiten nicht einmal Neuland, Japan macht es uns erfolgreich vor.
Ein Aspekt dieser linken Alternative scheint noch wichtig: Im Gegensatz zur Agenda 2010 wird niemandem genommen, was erschon hat, nicht einmal den Superreichen. Nur deren weitere Aneignung von Gewinnen aus Arbeit, die andere leisten, wird behindert und erschwert. Aber das ist doch nur gerecht. Denn wir wollen Freiheit für jeden. Und Freiheit hat Grenzen, wo sie die Freiheit des Anderen begrenzt. Das sagte schon Rosa Luxemburg.
Wir streben nach Menschenwürde. Sie darf nicht im Neoliberalismus/Meudalismus sang- und klanglos untergehen, weil heute Besitz von Geld über Gebühr Freiheit und Menschenwürde dominiert.
Und wir fordern Solidarität. Wir fordern sie von allen ein, zuerst von jenen, denen sie am leichtesten fällt: Den Superreichen. Ihr Verständnis für das Gemeinwesen wäre ihre klagloseZustimmungzur diesem Text und derWiedereinführung der Vermögenssteuer für natürliche Personen, eine der wenigen Ausnahmen für unser strenges System.
Ist diese Alternative nicht beste abendländische Tradition aus Christentum und Humanismus?
4. Gestaltende Kräfte
Wir haben jetzt das Ziel formuliert und den Weg abgesteckt. Wer soll es gestalten?
Bei solcher Frage denkt man automatisch zunächst an die bestehenden Parteien und Bewegungen. Wir haben die Christlich-demokratische, die Christlich-Soziale Union, die Freie Demokratische Partei, die Partei Bündnis 90/Die Grünen und die Sozialdemokratische Partei. Wir untersuchten ihre Rolle schon und stellten fest: Sie alle erhalten Parteispenden von Großaktionären aus der Wirtschaft. Wir fragten: Wen wundert es, dass verschiedene Parteien in der Regierung nur verschiedene Nuancen in der Politik dieser Regierungen hervor bringen?
In diesem Zusammenhang stellten wir fest: Unsere Demokratie ist in Wahrheit eine Lobbykratie. Zu einer Demokratie müssen wir sie erst noch machen.
Die gesellschaftliche Praxis lässt uns zu der Einschätzung kommen: Die Führungen dieser Parteien sind zum Werkzeug der Lobby geworden! Wir können mit ihnen nicht rechnen.
Die Partei des demokratischen Sozialismus nahmen wir aus. Sie wird als „Nachfolgepartei der SED“ vom Großkapital ausgeschlossen von Zuwendungen. Ihre Führung wird nicht von der Lobby verführt, ob sie verführbar wäre, bleibt offen. Deshalb kann die PDS ein zuverlässiger Verbündeter für die Durchsetzung des antimeudalen Weges in der Gesellschaft sein.
Eine Partei befindet sich in Gründung. Die Vermutung liegt nahe, dass ihr weiterer Weg sich ähnlich gestaltet, wie ihn die Grünen hinter sich haben – von der Protestpartei zur Lobby. Aber das ist nicht zwingend. Auch sie kann den Weg mit gehen, ihn vielleicht gar tragen, wie wir ihn in diesem Text beschrieben haben.
Es bleiben die Gewerkschaften. Sie sind Interessenvertreter der Arbeitnehmer und im weitesten Sinne deren „Lobby“. Sie sind Tagesaufgaben verpflichtet. Ihre Partner/Gegner sind die Interessenverbände der Industrie. Aus dieser Aufgabenstellung heraus haben sie die nächsten Kontakte zur Lobby der Superreichen. Aber die Kontakte der Gewerkschaften werden im Interesse derer genutzt, die kein Geld oder zu wenig davon haben. Es wäre deshalb falsch, auf Grund äußerer Tätigkeitsmerkmale ihr den „Lobbyschuh“ anzuziehen, von dem wir bisher gesprochen haben. Als Vertreter der Arbeitnehmerschaft ist die Gewerkschaft potentieller Verbündeter auf dem antimeudalistischem Weg.
Es existieren noch verschiedene Gruppen und Netzwerke, die sehr oft unter dem Begriff attac zusammengefasst werden. Sie sind nicht hierarchisch organisiert und wenden sich in der Regel eng begrenzten Zielen zu. Es kann möglich sein, sie als Bundesgenossen zu gewinnen.
Es kann nur eine breite Volksbewegung Träger des Kampfes gegen den modernen Feudalismus sein. Ihre potentiellen Mitglieder sind alle Menschen, die nicht bewusste Helfer der Lobby sind. Weiterhin sind es alle Kleinunternehmer und Mittelständler bis hin zu Unternehmerverbänden, mithin auch Unternehmerkreise, die als Zulieferer von großen Konzernen in aussaugende Beziehungen gezwungen und damit „entreichert“ werden. Das Bewusstsein für diese Tatsache ist bei diesen Mittelständlern allerdings sehr wenig ausgeprägt und, wenn überhaupt vorhanden, schwindet es in dem Maß, wie fern oder nah der Zulieferer mit dem großen internationalen Konzern verbunden ist.
Diese breite Volksbewegung muss erst noch entstehen.
Aus all diesen Zusammenhängen geht hervor, dass ein einzelnes Land keine Erfolge im Kampf gegen den Meudalismus erreichen kann. Ziel der Volksbewegung sollte sein, den Kampf wenigstens im Rahmen der Europäischen Union zu führen. Vor dieser Notwendigkeit sollte uns nicht bange sein. Die Menschen, die dazu fähig sind, denken ähnlich, von Portugal bis Polen.
Nun, da wir eine Vision entwickelt haben, wie unsere Gesellschaft aussehen sollte, die allen ihren Bürgern Freiheit, Menschenwürde, Solidarität garantieren kann, ist es Zeit, sie zu benennen.
Wir vollenden den Ausbau der Bundesrepublik Deutschland, die in ihrem Grundgesetz Artikel 20(1) verlangt: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Es ist nichts weiter als die Demokratie, die wir mit diesen Zielen perfektionieren.Demokratie heißt Volksherrschaft. Allein sie ist in der Lage, mit modernen Feudalisten fertig zu werden, unser Leben auf diesem Planeten zu sichern.
Benutzte und ergänzende Literatur:
Zur Analyse des bestehenden Zustandes
Dr. Harald Wozniewski Schriften zum Meudalismus www.dr-wo.de Politik
Zur Auswirkung auf die heutige Moral
Ullrich Wickert „Der Ehrliche ist der Dumme“ Heyne-Sachbuch
Zum Ausblick auf Möglichkeiten
Dr. Rainer Thiel „Arbeit und Freizeit für alle“ www.thiel-dialektik.de
Belletristisch-philosophisch begleitend
Klaus Buschendorf „Filosofische Märchen“ www.amazon.de (Buchhandel)
Praktische Durchsetzung
Saul D. Alinsky „Anleitung zum Mächtigsein“ www.libri.de (Buchhandel)
Europäischer Paradigmenwechsel
Reinhard Dowe „MUDA“ www.yinyan.de
Geldzusammenhänge
Prof. Dr. Eberhard Hamer „Der Welt-Geldbetrug“ Mittelstandsinstitut Hannover
www.swg-hamburg.de/Wirtschaftspolitik
Gesetzliche Grundlagen
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschlandinsbesondere
Art.2(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsgemäße Ordnung oder gegen das Sittengesetz verstößt.
Art.14(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch Gesetz bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Art.20(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
|